Herumliegende Nazi-U-Boote gelten heute vielleicht als historisch interessant, aber nicht als besonders spektakulär. Im Louisiana der 1990er Jahre (Originaltitel des Romans: Dixie City Jam, 1994. Zur seltsamen Publikationsgeschichte in Deutschland ist hier und hier etwas zu lesen.) interessieren sich gleich mehrere schräge Typen für ein solches Objekt, das allerdings noch nicht zugänglich über den Grund des Atlantik schrappt. Dave Robicheaux, Ex-Cop, Ex-Trinker, Ex-Soldat, der sich in 19 weiteren Romanen der Reihe durch die kriminellen Milieus der Bayous schlägt, wird von einem jüdischen Gangster beauftragt, das vor der Küste vermutete U-Boot aufzuspüren. Viel Lust danach zu tauchen, hat Dave nicht, doch fehlt ihm das Geld, um die Kaution für seinen zu Unrecht inhaftierten Freund Batist aufzubringen. Kaum hat er sich durchgerungen, gerät er ins Visier eines psychopathischen Neonazis und zwischen alle Fronten, denn sein grobmotorischer Kumpel Clete, planiert das Anwesen eines Mafiabosses im Zorn.
Zornig, ja zornig ist dieses Buch, getragen von ausdifferenzierten Persönlichkeiten als Figuren, die jeweils spezifisch mit der Wut, erzeugt von den Brüche in ihren Biographien, umgehen – die männlichen Figuren typischerweise progressiv i.S. der Aggression, die weiblichen eher regressiv zum eigenen Nachteil, wie Daves Partnerin, die mit posttraumatischen Symptomen auf die Attacken des Neonazis, Buchhalter heißt er, reagiert. Genauso angepasst nur unter umgekehrten Vorzeichen die angebliche Nonne, die sich mit dem einlässt, den sie für mächtig hält.
Und poetisch ist dieses Buch auch. Orte, Landschaften, Atmosphären beschreibt der Autor so sinnlich, dass man fast die Gischt spüren kann, wenn Daves Boot durch die Wellen schneidet. Aber romantisch ist dabei nix, denn Rassismus, Gier und Gewalt tropfen aus Dialogen und Beschreibungen. Selbst das Schöne erhält eine Schicht Staub, ein Odeur von Moder oder einen Sprung im Glatten, sodass sich die Komplexität menschlichen Verhaltens im Poetischen spiegelt.
In Kürze zu erwarten ist Neonregen beim Pendragon Verlag. Man darf sich vorfreuen!
James Lee Burke, Mississippi Jam, Roman, Pendragon Verlag, Bielefeld 2016, Aus dem Amerikanischen: Jürgen Bürger, 576 S., 17,99 Euro