Spät entdeckt, umso begeisterter gelesen – Leonardo Padura, Das Havanna-Quartett. Die vier Romane erschienen zwischen 2005 und 2006 in der Metro-Reihe des Unionsverlags (Hrsg. Thomas Wörtche). In „Ein perfektes Leben“ ermittelt Teniente Mario Conde gegen einen ehemaligen Schulkameraden im winterlichen Havanna 1989 und fragt sich nach der Rolle der eigenen Generation. Die Umwälzungen in Europa werfen schmale Schatten in die Karibik. So ist es kein Zufall, dass Padura seine Romane ausgerechnet in diesem Jahr ansiedelt. Der Sozialismus hat ausgedient, aber Kuba erstarrt im alten Totalitarismus, was nicht zur Minderung der Kriminalitätsrate führt.
„Der Handel der Gefühle“ ist kein Frühlingsbuch, es ist eines von Stroh befeuerter Liebe, von Grenzenlosigkeit, von tödlichen Umständen und Zufällen ausgerechnet im Bildungswesen.
Mitten in der Sommerglut gerät El Conde während einer Ermittlung um einen ermordeten Transvestiten in die Kulturszene. „Labyrinth der Masken“ ist vielleicht der komplexeste Roman der Tetralogie. Er erzählt von der Stellung von Kunst und Kultur im Sozialismus, die, ist sie nicht „unserem neuen Menschen“ gewidmet, unter Generalverdacht der Subversion und Konterrevolution steht. (Völlig zu recht, denn es ist eine Aufgabe von Kunst, Gesellschaft zu spiegeln, das nur nebenbei.).
„Das Meer der Illusionen“: Durch das herbstlichen Havanna stürmt der Hurrikan Félix und fegt nicht nur die Illusionen des Teniente Conde hinweg, sondern die einer ganzen, der „verborgenen“ Generation. Aufgewachsen im guten Glauben an das sozialistische Paradies, an dessen Aufbau man mitwirken will, bröckeln die ideologischen Gewissheiten wie der Putz an den Kolonialzeithäusern Havannas und legen die finsteren Seiten der kubanischen Revolution frei.
Nötig ist es nicht, die Tetralogie vollständig und chronologisch zu lesen, aber erhellend ist es und nicht nur hinsichtlich kubanische Verhältnisse.
(In einem Band: Unionsverlag, 2008, S. 832, 19,95 Euro)