Hans Zengeler, In einer erdfernen Welt“, Roman, Dahlemer Verlagsanstalt, Berlin 2015, 132 Seiten, € 18,-
Das Schicksal hat Sonderberg, DEN Sonderberg, Schauspieler am Stadttheater und mit 69Jahren in der Blüte seiner Karriere, seiner Sprache beraubt und mittels Halbseitenlähmung an den Rollstuhl geschmiedet. Eben noch im „Nathan“ gefeiert, rebelliert er das Schreiben wiedererlernend gegen sein Vergessen, gegen seine Entmündigung durch gnadenlose Institutionen, gegen unendliche Hoffnungslosigkeit, gegen das Verdämmern der Wahrnehmung. Absurdes, wie Herrn Wagenseils Faszination des gelben Flecks, wird zum Symbol für die Reduktion der Menschlichkeit auf der „Demenzstation“ eines Altenheims. Doch nicht nur die Alten und Gebrechlichen sind festgezurrt in diesem System, die Pflegenden verwalten mit Resignation, Zynismus und Ignoranz den Mangel an Humanität.
In einer wunderbar genauen Sprache erzählt der Autor die Geschichten von Menschen, die durch Alter und Krankheit von der Gesellschaft abgekoppelt, auf einer Insel der Verzweiflung gestrandet sind. Ihr Aufbegehren versandet ungesehen, ungehört, unwidersprochen im Nichts.
Dieser Roman trifft den Leser an einer empfindlichen Furcht, einer, die wir lieber noch ein wenig ausblenden, ein wenig verschieben würden – bis ins Alter vielleicht, denn das kommt ohnehin. Und wenn es uns in eine „erdferne Welt“ katapultieren sollte (was wir alle nicht hoffen wollen), dann merken wir es doch sicher nicht mehr. Oder?
Der Roman ist eine dringende Empfehlung an alle, die sich trauen, sich möglichen Realitäten, wie Krankheit, Alter, Tod, zu stellen.